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NS-Militärjustizopfer in Stuttgart:
Ausstellung im Bezirksrathaus Zuffenhausen zeigt bewegende Schicksale hinter den Zahlen
Es hat schon Tradition, dass im Bezirksrathaus immer wieder Ausstellungen stattfinden – auch zu kritischen und schwierigen Themen. Eine eindrucksvolle und bewegende Ausstellung zur NS-Militärjustiz ist derzeit im 1. Obergeschoss zu sehen.
Sie thematisiert die Schicksale von Opfern der nationalsozialistischen Militärjustiz, die auf Stuttgarter Schießplätzen erschossen wurden, und beleuchtet deren Verurteilungen, Hinrichtungen sowie die oft vergessenen Orte des Unrechts.
Bezirksvorsteher Saliou Gueye eröffnete die Ausstellung am 23. Januar und betonte ihre Bedeutung – gerade in einer Zeit, in der populistische Strömungen auf dem Vormarsch sind. Die Ausstellung zeigt ein besonders dunkles Kapitel unserer Geschichte und beleuchtet die Schicksale von Menschen, die durch ein unmenschliches System zum Tode verurteilt wurden – oft ohne jede Grundlage, ohne Rechtsstaatlichkeit und ohne Mitgefühl, so Gueye.
Eine Einführung in die Ausstellung gab Dr. Bertram Maurer. Sie basiert in großen Teilen auf der Arbeit der Geschichtswerkstatt Degerloch und berührt am Rande auch Zuffenhausen. Maurer beschäftigt sich seit Herbst 2016 mit der Geschichte des ehemaligen Schießplatzes auf der Dornhalde. Dort, wo sich heute der Dornhaldenfriedhof befindet – angelegt im Jahr 1974 – war von 1869 bis 1968 ein Übungsgelände des Militärs. Auf dem Maschinengewehrschießstand wurden von 1941 bis 1944 Todesurteile vollstreckt. Ein weiterer Maschinengewehrschießstand befand sich auf dem Burgholzhof. Ein Großteil der militärgerichtlichen Todesurteile wurde zudem im Lichthof des Landgerichts in der Urbanstraße mit dem Fallbeil vollstreckt. Auffällig ist, dass kein einziger Militärrichter nach dem Krieg strafrechtlich belangt wurde. Rund 2.000 Militärrichter – allesamt ausgebildete Volljuristen – waren auch nach 1945 wieder an Gerichten tätig, vermutlich auch am Landgericht Stuttgart.
Anhand zahlreicher Schautafeln wird eindrucksvoll dargestellt, wie Angeklagte wie Wilhelm Stähle, Ewald Huth und Josef Martus Opfer von Intrigen wurden. Thematisiert werden außerdem ehemals jüdische Villen in Stuttgart, in denen Todesurteile gefällt wurden, sowie die Strukturen der NS-Militärgerichte und Hinrichtungsorte. „Das Ziel der NS-Militärjustiz war nicht die Ahndung von Straftaten, sondern die Disziplinierung oder Vernichtung bestimmter Menschen“, so Maurer.
Die informativen Tafeln sind noch bis Mitte Mai im Bezirksrathaus Zuffenhausen im 1. Obergeschoss ausgestellt. Interessierte sind herzlich willkommen.
Über Dr. Bertram Maurer:
Bertram Maurer beschäftigt sich seit Herbst 2016 mit der Geschichte des ehemaligen Schießplatzes auf der Dornhalde. Wo sich heute der Dornhaldenfriedhof befindet, trainierten von 1869 bis 1968 Soldaten und Polizisten den Schusswaffengebrauch. Inzwischen liegt ein besonderer Schwerpunkt seiner Forschung auf der Untersuchung militärgerichtlicher Hinrichtungen durch Erschießen auf Stuttgarter Schießplätzen.
Die Ausstellung wird in Kooperation mit der Geschichtswerkstatt Degerloch, den AnStiftern, der Initiative Lern- und Gedenkort „Hotel Silber“ und dem Projekt „Der Liebe wegen“ gezeigt. Sie entstand in Zusammenarbeit mit verschiedenen Archiven, darunter dem Bundesarchiv, dem Staatsarchiv Ludwigsburg und dem Stadtarchiv Stuttgart. Besondere Unterstützung erhielten die Organisatoren von engagierten Familien und Historikern wie der Familie Huth sowie von Dr. Sabrina Müller vom Haus der Geschichte und Lars Skowronski von der Gedenkstätte Roter Ochse in Halle.
Foto oben: Dr. Bertram Maurer (li.), mit Bezirksvorsteher Saliou Gueye (re.)
Hier finden Sie zudem einige der ausgestellten Tafeln mit Infos über die Hinrichtungsstätten und einige der Opfer: