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Bezirksrathaus Zuffenhausen:

Pläne für Flüchtlingsunterkünfte auf Eis gelegt

| ZuZu Redaktion | Aktuelles

Die Verwaltung möchte im Stadtteil Neuwirtshaus Unterkünfte für 248 geflüchtete Menschen bauen. Der Zuffenhäuser Bezirksbeirat hat das Vorhaben abgelehnt, der Stuttgarter Gemeinderat hat die Entscheidung aufgeschoben.

Seit einigen Tagen herrscht große Aufregung in Zuffenhausens kleinstem Stadtteil: Auf dem Tennenplatz der Sportvereinigung Neuwirtshaus (SpVgg) möchte die Stadt Flüchtlingsunterkünfte für 248 Menschen bauen. Der Stuttgarter Gemeinderat hingegen ist nun auf die Bremse getreten. In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hat er zwar ähnlichen Projekten in anderen Bezirken zugestimmt, die geplanten 64 Modulbauten in Neuwirtshaus wurden aber zunächst auf Eis gelegt. Einen Tag zuvor hatten sich die Zuffenhäuser Bezirksbeiräte nach teils heftigen Diskussionen mehrheitlich gegen das Vorhaben ausgesprochen.
„Nach einem negativen Votum des Bezirksbeirats Zuffenhausen hat die Verwaltung die geplante Unterkunft in Neuwirtshaus aus der Beschlussvorlage genommen. Sie hält dennoch an ihren Planungen fest, will über die Sommerpause konkrete Fragen und Kritikpunkte aus der Bürgerschaft klären und den Standort im September erneut zur Beschlussfassung vorlegen“, heißt es in einer Pressemitteilung aus dem Rathaus. Was das genau bedeutet, wird sich wohl erst im Lauf der kommenden Wochen und Monate herausstellen. Klar ist: Vorschläge für Alternativstandorte, die beispielsweise aus Reihen der SPD-Fraktion des Bezirksbeirats kommen (unter anderem die Taläckerstraße oder das Gelände an der Schwieberdinger Straße, das früher von der Firma ZEG genutzt worden war) sollen auf ihre Tauglichkeit überprüft werden.
Hoch waren die Wellen der Empörung bei der Bezirksbeiratssitzung im Bürgerhaus Rot geschlagen. Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann, die für diesen Tagesordnungspunkt die Leitung übernommen hatte, musste sich vor allem von den zahlreich erschienenen Anwohnern einige Vorwürfe anhören. „Der Standort ist für Geflüchtete unzumutbar“, hieß es beispielsweise aus den Reihen der Siedlergemeinschaft Neuwirtshaus. Schon für die momentan 861 Bewohner des Stadtteils reiche die Infrastruktur kaum aus. Es sei kaum möglich, dass die Geflüchteten sich sinnvoll beschäftigen und ihre Einkäufe ortsnah erledigen könnten. Das Argument der fehlenden Infrastruktur wurde an diesem Abend öfters genannt. Ebenso wie zahlreiche andere Kritikpunkte. So macht sich der Wirt der Sportgaststätte, die direkt an den Tennenplatz grenzt, Sorgen um seine wirtschaftliche Existenz. Nach Bekanntwerden der Pläne habe er für das Jahr 2024 schon drei große Aufträge stornieren müssen. Noch habe er 6000 bis 7000 Kunden monatlich, künftig rechne er mit deutlich weniger. Sollte der schlimmste Fall eintreten, müsse er schließen und 35 Mitarbeiter stünden auf der Straße. Auch Wilfried Seyfang, Erster Vorsitzender der SpVgg, meldete sich. „Auf mittlere Sicht wäre der Verein nicht überlebensfähig“, sagte er und beklagte die aus seiner Sicht schlechte Informationspolitik der Stadt. Grundsätzlich zeigte sich, dass sich viele Anwohner Sorgen um ihre Sicherheit, die Sauberkeit und die Dorfgemeinschaft machen.
Nach den Bürgern kamen die Bezirksbeiräte zu Wort. „Die Stadt ist ihrer Verantwortung nicht nachgekommen und hat nichts aus den Schlotwiese-Geschehnissen gelernt“, sagte Shajeevan Thavakkumar aus der CDU-Fraktion. In dem beliebten Zuffenhäuser Naherholungsgebiet wollte die Stadt 2016 Unterkünfte für rund 400 Geflüchtete bauen, war nach zahlreichen Protesten aber von diesem Vorhaben abgerückt. SPD-Vertreter Hans-Georg Kerler lehnte die 248 geplanten Plätze auf dem Tennenplatz ab und bezeichnete die Gegenargumente der Bürger als „stichhaltig“. Er schlug vor, dass die Verwaltung die Alternativvorschläge seiner Partei überprüfe und betonte, man müsse einen Kompromiss finden. „Fragen Sie die Bürger“, meinte Gisela Siegel von Bündnis 90/Die Grünen und verwies ebenfalls auf mögliche Alternativstandorte. Susanne Bödecker von der Fraktion der Linken sprach von einem persönlichen Dilemma. Da sie als Bezirksbeirätin den Bürgern verpflichtet sei, müsse sie eine Entscheidung treffen, die nicht ihrer politischen Grundeinstellung entspreche. Einig waren sich alle Fraktionen bei einem Punkt: Der unzureichenden Informationspolitik der Stadt. Recht unübersichtlich gestaltete sich die Abstimmung. Nach einigem Hin und Her ergaben sich elf Ablehnungen und vier Enthaltungen, drei Räte stimmten der Vorlage der Stadt zu.
„Ich bin froh über die Ergebnisse der Gemeinderatssitzung. Und zwar nicht, weil ich etwas gegen Flüchtlinge in Zuffenhausen habe“, sagt Bezirksvorsteher Saliou Gueye. Die gewonnene Zeit solle zur Versachlichung und zu intensiven Diskussionen mit allen Beteiligten führen. Nur so könne man eine für alle zufriedenstellende Lösung finden.

Von Bernd Zeyer

 

Titelfoto: Auf dem Tennenplatz der SpVgg Neuwirtshaus möchte die Stadt 64 Modulbauten mit insgesamt 248 Plätzen errichten.

 

Wilfried Seyfang

Wilfried Seyfang, der Vorsitzende der SpVgg Neuwirtshaus, kritisierte im Bezirksbeirat die Informationspolitik der Stadt.