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Zuffenhäuser Schüler*innen tauschten sich mit Altersgenossen in Russland über den Klimawandel aus
Sibirien ist fern, Jakutsk plötzlich viel näher

Zuffenhäuser Schüler*innen tauschten sich mit Altersgenossen in Russland über den Klimawandel aus

| ZuZu Redaktion | Aktuelles

Jakutien gilt als Kältekammer Sibiriens, ist aber auch eine der Regionen, die weltweit am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. 17 Schüler des Zuffenhäuser Ferdinand-Porsche-Gymnasiums (FPGZ) hatten nun eine einzigartige Chance zum Austausch: Initiiert von der Universität Hohenheim und unterstützt durch das Goethe-Institut diskutierten sie mit Altersgenossen in Jakutsk über Klimawandel und Klimaschutz.

Als die virtuelle Abschlussveranstaltung um 8 Uhr beginnt, ist es in Jakutsk schon 16 Uhr: Es liegt weit entfernt – ist aber durch das Schülerprojekt deutlich näher gerückt: Auf einer menschlichen Ebene, aber auch durch das Bewusstsein, dass in Sachen Klima ein Rad ins andere greift: “Bei uns merkt man vom Klimawandel noch nicht so viel, in Jakutien hat er aber bereits verheerende Auswirkungen”, fasst Betreuungslehrer Dieter Bareis zusammen, was er von der Kooperation mit dem städtischen Gymnasium Jakutsk mitnimmt.

Der Satz fällt so oder ähnlich noch mehrfach an diesem Donnerstag. Aus Corona-Gründen und natürlich wegen der Entfernung konferierte man seit dem Projektauftakt im März virtuell; Dolmetscher halfen, die Sprachbarriere zu überwinden und wie man hört, gab es in Jakutsk auch spontane Deutschkurse. Ohnehin sei das Interesse der dortigen Schüler an Deutschland groß, erzählt Dieter Bareis, und einige werden sich nun auch um ein Austauschjahr in der so genannten “Internationalen Klasse” des FPGZ bewerben. Die gute Zusammenarbeit gibt also Grund zur Hoffnung.

Schwieriger ist es da schon, die Distanz der Systeme zu überwinden: Demonstrationen wie die von “Fridays for Future”, so erfährt man, seien in der russischen Föderation kaum denkbar. Was darf man also sagen, wie soll man es ansprechen? Gut, dass es ein Schüler-Projekt war, Erwachsene wären eventuell mit einer gewissen Mutlosigkeit an das Thema herangegangen.

Und die Fakten sind durchaus erschreckend: Da die Jahrestemperatur in Jakutien seit dem 19. Jahrhundert um 3 Grad gestiegen ist, taut der Permafrostboden: Ganze Areale sacken ab, neue Seen entstehen, Landschaft und Bodenbeschaffenheit verändern sich, wie Holger Pagel von der Universität Hohenheim erläutert. Schlimmer noch: Dabei werden außerdem weitere, bis dato im Boden gebundene Treibhausgase freigesetzt, die das Phänomen zusätzlich verstärken.

Trotzdem es gibt große Unterschiede in der Wahrnehmung, wie die Schüler bei ihren Umfragen in Jakutsk und Stuttgart ermittelten: Während im Umfeld der Zuffenhäuser Schüler 65,9 Prozent der Befragten erklärten, “sehr besorgt” oder “äußerst besorgt” zu sein, waren es in Jakutien, wo die Auswirkungen viel deutlicher sind, gerade mal 21,6 Prozent. Viele gaben dort auch an, wenig über Thema zu wissen oder das Gefühl zu haben, ohnehin nichts bewirken zu können.

Eine Präsentation zeigte auf, dass das Ansteigen der Durchschnittstemperatur andererseits der jakutischen Landwirtschaft zugute kommt. Wirtschaftliche Interessen contra Klimaschutz – das endet doch selten gut, oder? “Aber die finanziellen Schäden, die durch den Klimawandel entstehen sind doch viel größer”, argumentierten die Schüler völlig zu Recht und zeigen im Verlauf des Nachmittags Mittel und Wege auf, sich auch im Kleinen zu engagieren: Wie man durch bewussten Konsum Kohlendioxid einspart und warum der Verzicht auf Fleisch und tierische Produkte für alle Beteiligten besser ist. Die Verabschiedung ist schließlich ausgesprochen herzlich.

Später am Nachmittag verstärkt sich aber das ungute Gefühl von zuvor: Die Nachrichtenagenturen vermelden, dass die arktischen Anrainerstaaten zu Gesprächen zusammentreffen: Die abschmelzenden Polkappen weckten wohl Begehrlichkeiten in Sachen Bodenschätze. Die beteiligten Schüler des gerade zu Ende gegangenen Klimaschutzprojekts wird die Nachricht vermutlich gleichermaßen beunruhigen: Auch in Sibirien vermutet man reiche Bodenschätze.

Info: Weitere Informationen zum Projekt gibt es im Internet unter www.ferdinand-porsche-gymnasium.de

Von Susanne Müller-Baji

Foto: Der Screenshot zeigt eine FPGZ-Schülerin bei einer gemeinsamen Präsentationen.